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Zitat aus
dem Buch "Wir können doch etwas tun" von
Lutz Osterwald
Max spricht
mit seinem Opa über Zeitfragen, Lösungsvorschläge und
Werte
Pro business Verlag
Berlin, 2006
Im Buchhandel und im Internet unter dem Buchtitel oder dem Autorennamen bestellbar Man spricht
so viel über die Gesundheitsreform.
Ich finde da überhaupt nicht mehr durch. Werden die Kranken
schlechter
behandelt und die Gesunden und die Kranken immer stärker zur Kasse
gebeten? Sehe ich das richtig?
Tatsächlich ist es
so. Bei den Bemühungen, der "Kostenexplosion"
Herr zu werden, wird fast ausschließlich gekürzt und
umverteilt. Dafür
werden die Verantwortlichen nicht gelobt. Zu Unrecht, denn es kann
nicht uneingeschränkt Geld für die Gesundheit ausgeben
werden. Man kann
deswegen nicht alles zur Zufriedenheit aller lösen und muss auch
unpopuläre Entscheidungen treffen. Gerade deswegen muss ein
Ausgleich
der Interessen in fairer und gerechter Weise erfolgen.
Hast du dir
darüber Gedanken gemacht?
Ja.
Ich rege an, dem bisher eher einspurigen, überwiegend an
Einsparungen
und Kürzungen orientierten Reformweg eine zweite Spur anzugliedern.
Welche
zweite Spur?
Den
Menschen muss unmissverständlich klar gemacht werden, dass das
übliche
"das steht mir zu" und "bitte nicht bei mir sparen" besser ersetzt wird
durch "was ist unbedingt nötig?" und "worauf kann ich
verzichten?". Das
betrifft keineswegs nur die Patienten, sondern alle im
Gesundheitsbereich Tätigen und auch die Gesunden ("ich war lange
nicht
krank, jetzt hole ich meine Beiträge wieder rein!"). Gelingt dies
nicht, wird auch die Gesundheitsreform 2006 scheitern, weil die
eigentlichen Ursachen der "Kostenexplosion" nicht zu ändern sind.
Welche
eigentlichen Ursachen?
Die
Bevölkerung wird immer älter und damit mehr und länger
auf die
medizinische Versorgung angewiesen. Und der Fortschritt ist nicht ohne
höhere Kosten möglich.
Warum
eigentlich nicht. Gerade in der Technik kann doch vieles
kostengünstiger gemacht werden.
Wohl
wahr. Aber es geht hier nicht darum, dass ein Röntgengerät
billiger
oder teurer wird, sondern es wird einfach viel mehr zum Segen der
kranken Menschen neu entwickelt. Dadurch wird die medizinische Arbeit
von Jahr zu Jahr besser, aufwendiger und teurer.
Dann
könnte vielleicht an anderen Stellen gespart werden. Dass die
Kranken
schneller gesund werden, besser vorgesorgt wird und Unnötiges vermieden wird.
Sehr viele
Erkrankungen heilen auch ohne Arzt und ohne Medikament aus, sagt meine
Mutter immer.
Ganz
richtig. Für diese Krankheiten brauchte das Gesundheitsbudget
nicht
belastet zu werden. Die entsprechenden Voraussetzungen müssen
erarbeitet werden. Als Denkhilfe bietet sich die Geschichte der Medizin
an. Die Ausgaben könnten auf die schweren Krankheiten konzentriert
werden.
Wie meinst
du das?
Ganz
einfach: Die ärztliche Kunst früherer Zeit hat die Kranken
auch ohne
die moderne, teure Medizin nicht im Stich gelassen. Grippe,
Rückenschmerzen, Mittelohrentzündungen und vieles andere
wurden mit
Bettruhe, Wärme, Wickeln, Inhalationen usw. behandelt und meistens
auch
geheilt. Also im Grunde naturheilkundlich.
Und damit
preiswerter?
Ja,
meistens. Außerdem würde der Körper sein eigenes
Immunsystem stärken.
Auch die Droge Arzt war viel besser einsetzbar als bei dem heutigen
Massenansturm in den Praxen und Kliniken.
Droge, das
klingt nach Sucht. Was meinst du damit?
Droge
heißt auch Medikament. Der Arzt wirkt oft allein durch das
Vertrauen,
das er erweckt, heilend. Es gilt nun herauszufinden, was früher,
mit
den damaligen Mitteln, nicht oder nur verzögert geheilt wurde.
Dieses
und nach Möglichkeit nur dieses ist mit den heutigen, meist nicht
so
preiswerten, medizinischen Mitteln zu behandeln. Andererseits muss
vermieden werden, was durch die moderne Behandlung vielleicht
provoziert wird: Zum Beispiel Allergien, die heute viel häufiger
sind
als früher, Hospitalismus und möglicherweise auch
Immunschwächen.
Das ist mit
zu hoch. Was ist denn Hospitalismus?
Wenn
im Krankenhaus Keime nicht mehr durch Medikamente abgetötet werden
können und Menschen sterben, weil keine Behandlung mehr
anschlägt.
Aber lass mich mit meinen
Vorschlägen fortfahren:
1.
Die
Industrie wird aufgefordert, daran zu forschen, wie das Vorhandene,
besonders Medikamente, preiswerter hergestellt werden kann. So
könnten
die Preise gesenkt werden, ohne die Margen zu verringern. Als Denkhilfe
könnten im Ausland deutlich billiger verkaufte Medikamente dienen.
2.
Entscheidende
Bedeutung haben die therapierenden Ärzte in den Kliniken und in
den
Praxen. Sie aber werden zugedeckt mit Statistiken, Dokumentationen,
Anfragen der Versicherungen, Rechtfertigungen und dem Zwang, sich
dauernd ändernden Gebührenordnungen zu stellen, um
überleben zu können.
Dazu kommt als ständiger Begleiter die Angst, verklagt zu werden,
wenn
nicht eine Maximaldiagnostik und -therapie erfolgt. Die Zeit wird knapp
für die Patientenversorgung, der Frust produziert Demotivation.
Ich
behaupte, dass der bürokratische Aufwand (welcher der
Patientenzuwendung verloren geht) und die Kosten der letzten Reformen
in diesem Bereich weit höher sind als die Vorteile und
Einsparungen.
Damit werden die bisherigen Reformen nicht abgewertet, sie müssen
nur
auf negative Folgen untersucht werden. Der "Schreibkram" muss
vereinfacht und nicht immer komplizierter werden. Die Ärzte
müssten
davon entbunden oder wenigstens entlastet werden. Nicht alles darf
unverzüglich zum Klagefall werden können, wenn - ich sagte es
schon -
nicht die Maximaldiagnostik und -therapie angewandt wurde. Werden denn
zum Beispiel Richter, wenn ein Urteil in die zweite Instanz geht,
verklagt? Nein, nie! Für die Ärzte kann es so nicht gelten,
aber es
müsste eine adäquate Lösung gefunden werden.
3.
Das
Bestreben, die Arbeitszeit der Ärzte im Krankenhaus zwangsweise zu
begrenzen, ohne Stellenzuwachs und bei gleicher Arbeitsanforderung, ist
wie die Quadratur des Kreises: Es geht so nicht. An wenigstens einem
Punkt müssen Abstriche gemacht werden.
4.
Auch
könnte ich mir eine verträgliche Form der Selbstbeteiligung
denken,
die, anders als bei den privaten Kassen, einen bestimmten Betrag aus
dem Krankenkassenbeitrag ansammelt. Dieser wird bei Krankheit Schritt
für Schritt in Anspruch genommen. Das heißt, für jeden
neuen Kostenfall
wird ein bestimmter Prozentsatz aus diesem Angesammelten entnommen,
nicht alles auf einmal. Bleibt etwas übrig, wird der Betrag
zurückgezahlt.
5.
Ein
weiterer Vorschlag wäre eine Intensivierung der
Grundlagenforschung
über die Ursachen der Krankheiten: Beim Nikotin und beim Alkohol
weiß
man es schon, bei vielen anderen nur ungenau. Warum wird zum Beispiel
eine Berufsgruppe häufiger krank als die andere? Welche Rolle
spielt
die Motivation, welche die ungesunde Arbeitsbedingung, welche die
Arbeitslosigkeit? Ziel: Vermeidung von akuten und vor allem von
chronischen Krankheiten.
6.
Analyse
nicht nur der Heilerfolge, sondern auch der preislichen
Effektivität
von Therapien und von Verhaltensweisen bei Krankheiten. Sind teure
medizinische Maßnahmen nicht manchmal wert, mehr als bisher nicht
nur
ethisch, sondern auch preisbezogen auf den Prüfstand gestellt zu
werden? Welche Auswirkungen hat die Verschleppung von Krankheiten?
Welche Schlussfolgerungen können daraus gezogen werden, dass viele
Kranke auf eigene Kosten zu Heilpraktikern und
zu anderen nicht ärztlichen Berufsgruppen gehen? Da kann bestimmt
so manches gelernt werden.
7.
Warum
tragen die Menschen bei Grippewellen keinen Mundschutz wie in Japan?
Wer einmal bei Gegenlicht und dunklem Hintergrund ein Gespräch
beobachtet hat, weiß, wie extrem die infektiöse Feuchtigkeit
allein
beim Sprechen und nicht nur beim Husten versprüht wird und wie
leicht
somit Tröpfcheninfektionen zustande kommen.
8.
Warum
halten die Wenigsten beim Husten die Hand nicht oder nicht richtig vor
den Mund? Die gerne vorgehaltene Faust verteilt die Infektion eher noch
mehr. Allein durch die Punkte 7. und 8. kann sehr viel Geld gespart
werden.
Das ist
eine lange Liste. Sie klingt sehr plausibel Es kann doch nicht so
schwer sein, gute Lösungen zu finden!
Doch.
Du siehst, dass die neue Regierung das Gesundheitsproblem in ihren
bisherigen Verhandlungen lange ausgeklammert hat. Zu Vieles ist zu
bedenken. Aber eine Lösung muss gefunden werden. Sie sollte auch
berücksichtigen, dass der Kranke, der schon die Last der Krankheit
trägt, zusätzliche finanzielle Lasten aufgebürdet
bekommt. Das ist
zutiefst ungerecht, wahrscheinlich aber nicht zu ändern. Die
Entwicklung der letzten Jahre war nur machbar, weil mit viel Idealismus
und Verständnis aller Partner ein Crash vermieden wurde. Nun aber
droht
sich der Bogen zu überspannen. Schon jetzt ist beispielsweise der
Ärztemangel nur deswegen nicht sichtbar, weil noch immer unendlich
viele unbezahlte Überstunden gemacht werden. Schon jetzt verrotten
die
Zähne vieler Deutscher mit möglicherweise unabsehbaren Folgen.
Dann muss
man den Gesundheitsmanagern eine gute Hand wünschen und rasche
Entscheidungen.
Ja.
Und dazu die Bereitschaft aller, die beteiligt sind,
einschließlich der
Patienten und der Gesunden, sich gegenseitig in die Hand zu
versprechen, eine Lösung vorrangig unter dem Gesichtspunkt der
Gesundheit und der Gesundung der Kranken und nicht vorrangig im
Eigeninteresse zu suchen. Nur so kann es gehen. Und Tabus müssen
nicht
unumstößlich sein. Mir hat z.B. der Gedanke sehr gut
gefallen, dass
alle Krankenkassen, auch die privaten, für gleiche Leistungen
einen
einheitlichen Grundtarif anbieten, der für alle verbindlich ist.
Die
Beiträge werden nach Einkommen gestaffelt. Wer mehr möchte,
versichert
sich zusätzlich.
Da
würden manche Kassen wegen der unterschiedlichen Beitragsgruppen
ganz schön im Geld schwimmen.
Es muss einen fairen
Finanzausgleich geben.
Das wird
nicht möglich sein! Klammheimlich wird jede Gruppe ihren Vorteil
suchen.
Vielleicht
doch. Denn hier geht es um die Gesundheit, unser höchstes Gut.
Oder die
Krankheit. Sie trifft alle gleichermaßen mit ihrem Schmerz, der
Angst
und all dem anderen.
Eine
ordentliche Honorierung der einzelnen Leistungen darf allerdings
überhaupt nicht in Frage gestellt werden. Im Gegenteil: Das Beste
ist
gerade gut genug für die Gesundheit und das kostet eben auch Geld,
mit
dem die Leistungen honoriert werden. Die Ausgaben und Einnahmen
müssten
jedoch ihrer hohen Bestimmung gemäß anderen Kriterien
unterliegen als
anderswo.
Welchen
Kriterien?
Ausschließlich unter
den Gesichtspunkten, Gesundheit zu erhalten und Krankheit zu
bekämpfen.
Nana, lebst
du auf dieser Welt?
Ja,
unbedingt. Ich habe eine Reihe von (Jahrhundert-) Reformen erlebt. Es
steht außer Frage, dass ohne diese die Kosten noch mehr
ausgeufert
wären. Aber einen durchschlagenden Erfolg hatte keine. Ich nehme
an,
weil man zu sehr auf die EDV, die Einschränkungen von Leistungen,
den
Abbau von Personal und Kürzungen von Ausgaben setzte. Eine
Aufarbeitung
der ursächlichen Zusammenhänge oder auch eine Beachtung der
ethischen
Grundlagen habe ich viel zu selten gesehen. Es müsste mehr
kreatives
als Verwaltungsdenken eingesetzt werden.
Was
geschieht, wenn alle Bemühungen vergeblich sind?
Dann
kommt die Verstaatlichung. Die Pläne liegen bestimmt schon in der
Schublade. Alle, die heute diskutieren, sollten das bedenken, denn
für
niemanden wäre das wünschenswert.
Helfen denn
deine Diskussionsbeiträge?
Sie sollen den Fachleuten
bei der Lösung der Probleme helfen. Ob ich gehört werde,
weiß ich nicht. Aber ich bemühe mich.
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